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1. Hauptrunde im DFB-Pokal

Sensationsspiel: Jena versenkt Hamburg!

FCC-Kapitän Rene Eckardt kann HSV-Keeper Rene Adler in dieser Situation nicht bezwingen. Dennoch war der HSV nach 120 hochdramatischen Pokalminuten am Boden zerstört.
FCC-Kapitän Rene Eckardt kann HSV-Keeper Rene Adler in dieser Situation nicht bezwingen. Dennoch war der HSV nach 120 hochdramatischen Pokalminuten am Boden zerstört.
Foto: Jürgen Scheere
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Die Sensation der 1. Hauptrunde im DFB-Pokal: Der Viertligist FC Carl Zeiss versenkt vollkommen verdient mit 3:2 den Erstligisten Hamburger SV.

Jena. Eine Partie für die Vereinsanalen. Für den Eintrag in das kollektive "Weißt du noch"-Gedächtnis. Der sportlich seit Jahren gedemütigte FC Carl Zeiss Jena hat einen neuen Stern am Jenaer Firmament erzeugt.

Nicht etwa aus einem 08/15-Kick am 9. August 2015 resultierte die Sensation in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals. Der Thüringer Viertligist triumphierte mit 3:2 über die Norddeutschen. Deren Chefcoach Bruno Labbadia wollte in seinem Statement auch keinen Zweifel am berechtigten Sieg des Gastgebers aufkommen lassen. "Jena hat verdient gewonnen, weil sie 120 Minuten lang gekämpft haben. Wir sind nicht an unsere Grenzen gegangen. Das ist die große Enttäuschung". Zeitungsberichten zufolge soll Labbadia am Montagvormittag seinen Versagern ein Straftraining aufgebrummt haben.

Grenzenloser Jubel brach nach dem sensationellen Sieg aus. Foto: Andreas Wentzel

Das Team von FCC-Cheftrainer Volkan Uluc überzeugte, wahrheitsgemäß formuliert überraschte mit einer bemerkenswerten spielerischen Leistung. Die gekoppelt war mit der vor 13.800 Zuschauern im ausverkauften und ob des Sonnenterrors zusätzlich hochgradig erhitzten Ernst-Abbe-Sportfeld  aufgeführten Leidenschaft, die es braucht, wenn der Fußballzwerg gegen den -riesen antritt.

Nun hätten die Hamburger auch ohne aktive Mithilfe der Unparteiischen das Spiel offen halten oder gar gewinnen können. Wie die Jenaer auch besaß der HSV seine Chancen. Dennoch war es mittlerweile idealtypisch, wie der Gast zu seinen Toren kam. Als alle im Stadion sahen, der Ball ist einen halben Meter im Toraus, ließ Schiedsrichter Frank Willenbourg weiterspielen und Ivica Olic spitzelte die Kugel zum 1:1 über die Linie. Hier hatte Jena gepennt, Aus ist, wenn der Schiri pfeift.  

Und dann das 2:2 in der 93. Minute plus weitere Nachspielsekunden. HSV-Keeper René Adler war beim Eckball in den Jenaer Strafraum geeilt und beteiligt am Gewusel, dem Michael Gregoritsch mit einem satten Knaller aus Nahdistanz ein Ende bereitete und die Kontrahenten in die Verlängerung zwang.

Zweimal zuvor hatte der FCC vorgelegt. Erst der Sensationsfreistoß von Michael Gerlach aus 35 Metern, dessen Knaller ohne gewollten Widerstand einer HSV-Mauer in der 16. Minute vom rechten Pfosten ins Tor prallte und die Jenaer Fans jubilieren ließ. Der junge Maximilian Schlegel wird in der 58. Minute auf der linken Seite in den freien Raum geschickt. Dessen flache Hereingabe schiebt Velimir Jovanovic am langen Pfosten zur erneuten Führung ein.  

Sollte sich der mit "Erste Liga - keiner weiß warum"-Gesängen von den Jenaer Fans geschmähte HSV wie in den letzten beiden Bundesligarelegationen schon wieder in allerletzter Minute retten können? Oder muss das ungeschriebene Gesetz anerkannt werden, "den Bundesliga-Dino zwingst du nicht auf die Knie", wie Uluc seinen Seelenzustand am Ende der regulären Spielzeit beschrieb?

Doch dann wurde, wie anno  '80 ein Andreas Bielau, Johannes Pieles eingewechselt (88.). Der 19-jährige Angreifer, erst in dieser Saison in den Kader der 1. Mannschaft aufgerückt, nutzt den gefühlt zwanzigsten weiten Einwurf von Filip Krstic in den gegnerischen 16er, übersteigt die Hamburger Abwehr und lässt mit seinem platzierten Kopfstoß ins rechte Eck HSV-Tormann Adler keine Chance.

Die dritte Führung endlich brachte den Erfolg. Inklusive Imagegewinn plus die rund 260.000 Euro, die der DFB jedem Teilnehmer an der 2. Hauptrunde spendiert. "Das ist ein ganz, ganz großer Tag", resümierte ein stolzer Uluc. Überglückliche, total erschöpfte Spieler, Funktionäre und Fans feierten diesen neuen Eintrag ins blau-gelb-weiße Kollektivgedächtnis.  

Jena: Koczor (GK) Krstic (GK) Krauße Eckardt Schlegel (92. Wolfram, GK) Klingbeil Starke Gerlach Baer (GK, 68. Vojvoda) Eismann Jovanovic (88. Pieles, J.)

Hamburg: Adler Spahic (GK) Reis Ilicevic Holtby (70. Jung) Lasogga (77. Gregoritsch) Olic Ekdal (61. Schipplock) Diaz Ostrzolek Sakai

Tore: 1:0 16. Gerlach 1:1 49. Olic 2:1 58. Jovanovic 2:2 94. Gregoritsch 106. 3:2 Pieles

Zuschauer: 13.800

Text: Andreas Wentzel

Fotos: Andreas Wentzel/Jürgen Scheere