Wahl bestätigt deutsche Zerrissenheit
"Gutmensch" zum Unwort des Jahres 2015 gekürt
Teilen auf
"Gutmensch" ist das Unwort des Jahres 2015. Das haben heute Sprachwissenschaftler in Darmstadt bekanntgegeben.
Darmstadt. Das Wort „Gutmensch“ ist zwar bereits seit langem im Gebrauch und wurde auch 2011schon einmal von der Jury als ein zweites Unwort gewählt, doch ist es im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsthema im letzten Jahr besonders prominent geworden.
Als „Gutmenschen“ wurden 2015 insbesondere auch diejenigen beschimpft, die sich ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren oder die sich gegen Angriffe auf Flüchtlingsheime stellen. Mit dem Vorwurf „Gutmensch“, „Gutbürger“ oder „Gutmenschentum“ werden Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd, als Helfersyndrom oder moralischer Imperialismus diffamiert.
Der Ausdruck „Gutmensch“ floriert dabei nicht mehr nur im rechtspopulistischen Lager als Kampfbegriff, sondern wird auch von Journalisten in Leitmedien als Pauschalkritik an einem „Konformismus des Guten“ benutzt (vgl. z.B. Wolfram Weimer „Schluss mit dem Gutmenschen-Gegurke“, Handelsblatt 11.12.2015).
Die Verwendung dieses Ausdrucks verhindert somit einen demokratischen Austausch von Sachargumenten. Im gleichen Zusammenhang sind auch die ebenfalls eingesandten Wörter „Gesinnungsterror“ und „Empörungs-Industrie“ zu kritisieren.
Unwort-Statistik 2015:
Für das Jahr 2015 wurden 669 verschiedene Wörter eingeschickt, von denen ca. 80 auch den Unwort-Kriterien der Jury entsprechen. Die Jury erhielt insgesamt 1644 Einsendungen.
Die zehn häufigsten Einsendungen insgesamt, die allerdings nicht sämtlich den Kriterien der Jury entsprechen, waren Lärmpause [165], Willkommenskultur [113], Gutmensch [64], besorgte Bürger [58], Grexit [47], Wir schaffen das! [46], Flüchtlingskrise [42], Wirtschaftsflüchtling [33], Asylgegner/-kritiker /Asylkritik [27] und Griechenlandrettung/Griechenlandhilfe [27].
Die Jury der institutionell unabhängigen Aktion „Unwort des Jahres“ besteht aus folgenden Mitgliedern: den vier Sprachwissenschaftlern Prof. Dr. Nina Janich/TU Darmstadt (Sprecherin), PD Dr. Kersten Sven Roth (Universität Düsseldorf), Prof. Dr. Jürgen Schiewe (Universität Greifswald) und Prof. Dr. Martin Wengeler (Universität Trier) sowie dem Autor und freien Journalisten Stephan Hebel.
Quelle: Technische Universität Darmstadt