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Stadtrat fordert Amtsinhaber

OB-Stichwahl Jena: Gelingt Nitzsche der Coup?

Thomas Nitzsche (FDP) darf sich Hoffnungen machen, Amtsinhaber Albrecht Schröter abzulösen.
Thomas Nitzsche (FDP) darf sich Hoffnungen machen, Amtsinhaber Albrecht Schröter abzulösen.
Foto: Andreas Wentzel
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Überraschung im ersten Wahlgang: Die Wähler haben am 15. April Thomas Nitzsche (FDP) zum Herausforderer von OB Albrecht Schröter (SPD) bestimmt.

Jena. Wer aus der OB-Stichwahl auch als Sieger hervorgehen wird: Zumindest nach der politischen Farbenlehre erfährt Jena keine Veränderung. Entweder wird ein FDP-Mann das Rennen machen wie zwischen 1990 und 2006 oder im Amtssitz Am Anger 15 residiert weiterhin ein SPD-Mitglied.

Schröter vs. Nitzsche ist das seit Einführung der Direktwahl 1994 in Jena stets abgehaltene Ritual eines Duells besetzt. Zwischen Amtsinhaber oder Stadtrat, Theologe oder Politikwissenschaftler können die 83.000 Stimmberechtigten am 29. April entscheiden.

Vor 6 Jahren noch undenkbar

Eine so nicht erwartete Konstellation muss am letzten April-Sonntag aufgelöst werden. Thomas Nitzsche, zur OB-Wahl vor sechs Jahren mit 2,4 Prozent weit abgeschlagen, gelingt die Sensation. Die Qualifikation für die Stichwahl stand am letzten Sonntag, könnte rückblickend konstatiert werden, bereits nach sechs ausgezählten Wahllokalen fest.

Nitzsche lag mit 27,2 vor Schröter mit 23,1. Doch die Aussage dieser Marginalie änderte sich nicht, plötzlich zeigte die Statistik einen klaren Trend, der bis Auszählungsende mit 26,9 zu 24,5 Prozent unverändert blieb.



Vor gut sechs Jahren, zum Neujahrsempfang seiner Partei, hatte der Politiknovize Nitzsche gegen den anwesenden Oberbürgermeister eine den Usancen des Anlasses widersprechende Attacke geritten. „Tacheles“ wollte er reden und prügelte verbal auf Schröter ein. Selbst den regionalen FDP-Granden war der Auftritt unangenehm aufgestoßen, Schröter selbst bewahrte Fassung.

"Kandidat aller Bürger"

Im Stadtrat zählt Nitzsche, zugleich FDP-Kreisvorsitzender Jena/Saale-Holzland-Kreis, zu den kompetentesten Volksvertretern. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Universitätsbibliothek konnte punkten mit beharrlich betriebener Sacharbeit, u.a. als Mitglied im Kulturausschuss und Vorsitzender des Kfz-Beirates.

Nun müssen der 63-jährige Schröter und sein 42 Jahre alte Herausforderer nochmals um Stimmen werben. „Diese zwei Wochen Stress habe ich mir gewünscht“, blickte Nitzsche am Wahlabend auf die Zeit bis zur Stichwahl voraus.

In der Stunde des vorläufigen Erfolgs stellte er in seinem ersten Statement klar, nicht in erster Linie ein FDP-Bewerber, sondern „Kandidat aller Bürger“ zu sein. Der große Coup Amtsinhaber- und Generationswechsel könnte gelingen, wenn er seine Stimmen behält und die der nicht-linken Wählerschaft gewinnen kann.

Text: Andreas Wentzel