Natürliche Renaturierung
A 4-Trasse im Leutratal: Hier schnürt heute der Fuchs
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Vor einem Jahr wurde die erste Röhre des Jagdbergtunnels eröffnet. Der Abbruch der A 4 zwischen dem Saaletal und dem Amselberg bei Schorba geht dem Ende entgegen. Die Natur soll ohne menschliche Eingriffe ihren einstigen Lebensraum zurückgewinnen.
Jena. Die Spuren sind deutlich im Erdreich zu erkennen. Meister Reineke ist hier entlang geschnürt. Noch vor einem Jahr wälzten sich täglich 50.000 von Menschenhand geschaffene motorisierte Transportmittel über die Autobahn. Seit die beiden Röhren des Jagdbergtunnels (30. Oktober Nordröhre, 18. November Südröhre) freigegeben wurden, bleibt die ehemalige A 4-Trasse durch das Leutratal zunehmend den Wildtieren überlassen.
Der nahezu vollendete Abbruch der Fernstraße samt Unterbau und Leitplanken hat die ersten Grünpflanzen angelockt. Gras wächst spärlich noch am südlichen Ende bei Leutra. Der ab 1937 von Jena aus ins Leutratal betonierte knapp zehn Kilometer lange Abschnitt der Reichsautobahnstecke 80 zieht sich heute als graues Band zwischen den Berghängen hinauf. Nur ein Teilstück südlich der Landstraße zwischen Schorba und Milda muss noch abgefräst werden.
Ein Jahr hatte die Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH, kurz Deges, für den vollständigen Rückbau des berüchtigten, weil unfallträchtigen Abschnitts von der Anschlussstelle Jena-Göschwitz hinauf zum Amselberg bei Schorba veranschlagt. Sukzessiv sollte danach die Natur den Raum zurückerhalten, der ihr vor knapp 80 Jahren entrissen worden war. Der Mensch will diese Revitalisierung nur beobachten und analysieren.
Ein im Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 15 festgelegter Nichteingriff in die Umwelt, der die Zustimmung der Naturschützer findet. Die Lärm und Abgase produzierende Autobahn durchschnitt nachhaltig das Naturschutzgebiet „Leutratal“, das nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43 der Europäischen Union geschützte Gebiet „Leutratal – Cospoth – Schießplatz“ und das EU-Vogelschutzgebiet „Muschelkalkhänge der westlichen Saaleplatte“.
„Wir stimmen dieser natürlichen Sukzession insgesamt zu“, erklärt Dr. Hans Reip vom Nabu-Landesverband Thüringen. Es sei richtig, dass keine Aufforstung betrieben werde. Dazu kommt, dass es sich auch um eine Ausgleichsmaßnahme handele. Denn der Abschnitt ab Westportal des Jagdbergtunnels bis zur Anschlussstelle Magdala ist neu in die Landschaft gebaut worden.
Die wissenschaftliche Begleitung dieses Leutratal-Projektes „Entwicklung und Wiederbesiedlung von Lebensräumen nach Rückbau einer Autobahn am Beispiel der A4“ haben im Auftrag des Bundesbauministeriums die Ökologen der Biologisch-Pharmazeutischen Fakultät an der Uni Jena übernommen. Das bis 2017 befristete Forschungsvorhaben soll im Einzelnen den „barriereverlust, die Aufhebung der Zerschneidungswirkung, die Verringerung trassenbedingter Immissionen und die standortgemäße natürliche Wiederbesiedlung von Rückbauflächen“ beobachten.
Text und Fotos: Andreas Wentzel