Speziallicht statt Chemikalie
UV-Licht desinfiziert 80.000 Jenaer Trinkwassernutzer
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Kann UV-Licht wie Chlor Trinkwasser desinfizieren? Ein Besuch im Wasserwerk Burgau bringt die Antwort.
Jena. Die Meldung, im Wasserwerk Drackendorf wurde die Chlorung eingestellt und das Trinkwasser nunmehr mit UV-Licht desinfiziert, löste nicht bei allen Lesern Freude aus. Einige bezweifelten nämlich, dass Licht die Chemikalie ohne Qualitätsverlust ersetzen könnte.
Einer solchen Befürchtung tritt Franziska Ihle entschieden entgegen. „Natürlich ist die Sicherheit gewährleistet“, erklärt die Ingenieurin (FH) für Umwelttechnik. Frau Ihle ist die verantwortliche Mitarbeiterin für Trinkwasserqualität in den Stadtwerken Energie Jena-Pößneck, die im Auftrag des Zweckverbandes JenaWasser den Betrieb der Trinkwasserversorgung in Jena ausführen.
Jahrzehntelang hatte das Chlor seine Mission erfüllt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war auch in Deutschland die Chemikalie im Trinkwassernetz eingesetzt worden, um gesundheitsschädigende Mikroorganismen abzutöten. Am 4. April nun ging auch im Hochbehälter Drackendorf diese Ära zu Ende.
Im Wasserwerk Burgau fand die Ablösung bereits 2010 statt. Chlor wurde abgelöst, weil es eben immer wieder zu Beschwerden wegen Geruchsbelästigungen und Geschmacksbeeinträchtigungen gekommen war.
Jeweils 40.000 Abnehmer in Jena erhalten ihr Trinkwasser aus den beiden Wasseranlagen. JenaWasser hat in die UV-Technik für Drackendorf inklusive komplett neuer Steuertechnik rund 250.000 Euro investiert.
Der langjährige Jenaer „Wasserchef“ Jörg Seiler fand für die neue Technologie die griffige Bezeichnung „Trinkwasser-Solarium“. Das für das menschliche Auge nicht mehr sichtbare UV-Licht im 254 Nanometerbereich zerstört die DNA der Mikroorganismen wie Parasiten, Viren und Bakterien. Keine Beeinträchtigung von Geruch und Geschmack, Wirksamkeit auch bei chlorresistenten Organismen und keine Umweltbelastung sind Vorzüge des UV-Lichts, das auch schon seit über 100 Jahren zur Wasserbehandlung eingesetzt wird.
Eingebaut sind die Strahler in einem Stahlkessel, entweder quer oder längs zur Fließrichtung und nachgeordnet dem Kiesfilter, in dem Eisen und Mangan gesammelt wird. Die Funktion der Strahler wird in der Leitstelle der Stadtwerke permanent überwacht. Laut Frau Ihle werden jede Woche in Jena Wasserproben genommen.
Im Wasserwerk Drackendorf wurden zwei UV-Strahler eines deutschen Herstellers aufgestellt. Pro Stunde können mit einer Röhre 700 qm Wasser bestrahlt werden. Die Röhren werden abwechselnd genutzt, berichtet Frau Ihle.
Und für den Fall eines Stromausfalls steht noch die Chloranlage mit eigenem Notstromaggregat in Reserve. Wobei die Trinkwasserexpertin darauf hinweist, die Qualität des in Jena aus dem südlichen (Wasserwerk Burgau) und dem östlichen (Drackendorf) Quellgebiet stammenden Rohwassers sei sehr gut, also mit wenig unerwünschten Stoffen versetzt. Zumal auch bei einer Behandlung gelte: „Trinkwasser ist ein Lebensmittel.“
Text: Andreas Wentzel
Fotos: Andreas Wentzel (1), Stadtwerke (1)