Polizei Jena erklärt
Warum Täterfotos so spät veröffentlicht werden
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Werden über die Medien Zeugen zur Suche nach Tätern verschiedener Delikte gesucht, gibt die Polizei hilfreiche Täterfotos oft erst Wochen nach der Tat heraus. Wie vor allem bei Online-Medien und durch das Publizieren von Nachrichten auf Facebook deutlich wird, stößt dies auf massives Unverständnis der Bevölkerung. Pressesprecherin der Landespolizeiinspektion Jena, Steffi Kopp, erklärt diese Vorgehensweise.
Jena. Warum geht die Polizei erst nach Wochen oder Monaten mit Überwachungsfotos an die Öffentlichkeit? Die klare Antwort lautet: Weil der Schutz der Persönlichkeitsrechte in der Bundesrepublik Deutschland ein hohes Gut ist. Die Polizei benötigt dazu den Beschluss eines Richters. Wie schnell dieser erlangt wird, hängt von verschiedenen Umständen ab. Geht es um eine sehr schwere Tat, wie Mord oder Totschlag, dann arbeiten viele Polizei- (respektive Kriminalbeamte) an der Aufklärung.
Einer wird mit der Ermittlungsakte sofort zum Staatsanwalt gehen, der wiederum mit gleicher Eile zum Richter. So kann ein solcher Beschluss in Ausnahmefällen innerhalb weniger Stunden erwirkt werden. Doch das sind wie gesagt Ausnahmefälle. Wissen muss man, dass in den Dienststellen der Landespolizeiinspektion Jena jährlich zwischen 22.000 und 23.000 Straftaten bearbeitet werden. Alle gehen über den Tisch der Staatsanwaltschaft. Jede einzelne Straftat ist eine Akte. Die kann vier Blätter enthalten bei einfachen Delikten oder mehrere Ordner füllen.
Die Akten werden bei der Staatsanwaltschaft bearbeitet, einige Vorgänge werden dort eingestellt, die anderen gehen ans Gericht. Oft liegen dazwischen Wochen und Monate. Alles in allem haben wir es schlicht mit einem Mengenproblem zu tun. Damit sind vier Monate zwischen dem Erlangen von Überwachungsbildern und der Veröffentlichung ein "normaler" Zeitraum.
Oftmals ermittelt die Polizei auch bereits länger an einen Vorgang, versucht die Tat mit anderen kriminalistischen Mitteln zu klären und erst, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, geht sie an die Öffentlichkeit. Jeder, der in solchen Kommentaren ein vorschnelles Urteil über die Arbeit anderer abgibt, sollte sich vor Augen führen, wie es sich anfühlt, wenn das eigene Konterfei in einem negativen Zusammenhang in der Zeitung abgedruckt oder auf Onlineplattformen tausendfach geteilt wird. Der gute Ruf ist ein für allemal beschädigt und das Internet vergisst nichts.
Fakt ist: die polizeilichen Ermittlungen stehen am Anfang eines langen justiziellen Vorgangs, es reichen wenige Verdachtsmomente aus, um diese auszulösen. Dabei gilt die Unschuldsvermutung. Deswegen sprechen wir auch vom "Verdächtigen oder Beschuldigten" und nicht vom "Täter". Ergeben sich im Lauf der Ermittlungen andere Aspekte oder Fakten, kann sich ein Verdacht auch wieder erübrigen. Dann war es gut, wenn die Polizei nicht vorschnell mit einem Bild an die Öffentlichkeit gegangen ist. Über Schuld und Unschuld eines Menschen mit allen daraus resultierenden Konsequenzen kann in Deutschland nur ein Gericht entscheiden.
Text: Steffi Kopp
Fotos: Michael Baumgarten