JN-Ratgeber
Hochwasserrisiko: So können Sie sich schützen
Foto: Michael Baumgarten/Archiv
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Hochwasserrisikogebiet: Wir verraten Ihnen, wie Sie Ihr Haus vor Überschwemmungen schützen können.
Jena. Hochwasserereignisse werden zunehmend wahrscheinlicher. Grund dafür ist der Klimawandel, wie ein internationales Team von Wissenschaftlern bereits 2021 in einer Studie nachgewiesen hat.
Starkregenfälle treten zukünftig voraussichtlich häufiger auf und können erhebliche Gefahren mit sich bringen, wie man in Deutschland unlängst anhand der tragischen Ereignisse im Ahrtal sehen konnte.
Beim Jahrhunderthochwasser 2021 starben allein hierzulande 180 Menschen, es gab zahlreiche Verletzte und Schäden in einer geschätzten Höhe von 15 Milliarden Euro.
Jena gehört mit Saale und Leutra zu einem Hochwasserrisikogebiet. In den letzten Jahren wurde die Stadt trotz teils bedenklich hoher Pegelstände glücklicherweise vom Hochwasser verschont.
Das letzte bedeutsame Hochwasserereignis Jenas liegt jedoch gar nicht weit in der Vergangenheit. Bald jährt es sich zum zehnten Mal: Im Juni 2013 waren die Wassermassen so gewaltig, dass sogar das Ernst-Abbe-Sportfeld vollständig überflutet war.
Stadt und Einwohner sollten sich daher auf weitere mögliche Überschwemmungen vorbereiten und besondere Schutzvorkehrungen treffen. Jena richtete in den letzten Jahren beispielsweise eine Wasserwehr ein, die darauf spezialisiert ist, Gefahren bei Hochwasser abzuwenden.
Das eigene Haus vor Hochwasser schützen
Beim Hausbau können bereits von vorneherein Schutzmaßnahmen getroffen werden. Beispielsweise ist es möglich, das Gelände so zu gestalten, dass das Wasser im Falle von Starkregen von der Gebäudehülle weggeleitet wird.
Alternativ können Bodenschwellen oder Aufkantungen an den Gebäudeöffnungen vor eintretendem Wasser schützen.
Es ist aber auch möglich, mobile Barrieresysteme einzusetzen, um Fenster, Türen und andere Öffnungen bei Bedarf wasserdicht zu verschließen. Diese eignen sich gut für den herkömmlichen Hochwasserschutz, da Überflutungen oft frühzeitig vorhergesagt werden können.
Bei plötzlich auftretenden, sintflutartigen Regenfällen kann die Vorbereitungszeit jedoch möglicherweise nicht ausreichen, um die mobilen Barrieresysteme rechtzeitig anzubringen.
Es ist sinnvoll, die Gebäudehülle bestmöglich abzudichten und beispielsweise druckwasserdichte Fenster (insbesondere in Keller und Erdgeschoss) einzubauen. Der Sockelbereich von Häusern kann mit wasserdichtem Sperrschutz verkleidet werden, um eine Durchnässung der Außenwände zu verhindern.
Feuchtigkeit in den Wänden kann langfristig die Bausubstanz stark schädigen und die Bildung von gesundheitsgefährdenden Schimmelpilzen fördern. Nach einer überstandenen Überschwemmung ist es deshalb wichtig, möglichst zeitnah feuchte Wände sanieren und trockenlegen zu lassen.
Rückstauschutz
Bei Starkregenfällen kann es schnell zu sogenanntem Rückstau kommen. Damit ist gemeint, dass der Wasserspiegel in den Kanälen ansteigt. Passiert dies, so kann – ohne geeignete Gegenmaßnahmen – Abwasser durch die Abwasserkanäle hoch- und ins Haus gedrückt werden.
Dies lässt sich zum Beispiel durch den Einbau von Rückstauventilen vermeiden. Eigentümer sind dazu verpflichtet, ihre Grundstücke und Gebäude mit einem geeigneten Rückstauschutz zu versehen.
Die Kommunen und der Zweckverband JenaWasser haften grundsätzlich nicht für durch Rückstau entstandene Schäden.
Diese und weitere hilfreiche Hinweise zum Schutz können im „Leitfaden zur Starkregenvorsorge für Hauseigentümer, Bauwillige und Architekten“ nachgelesen werden. Die Broschüre wurde von JenaWasser erstellt und steht auf deren Webseite kostenlos zum Download bereit.
Weitere Vorsichtsmaßnahmen:
Versicherungsschutz: Es ist sinnvoll, Hab und Gut gegen Hochwasser zu versichern. Klassische Gebäudeversicherungen greifen in diesem Fall in der Regel nicht.
Stattdessen wird eine Elementarschadenversicherung benötigt. Es handelt sich in der Regel um eine Erweiterung einer Wohngebäude- oder Hausratsversicherung. Eine Elementarschadenversicherung hilft jedoch auch nur dann, wenn der Schaden durch Wasser von oben verursacht wird.
Steigt Grund- oder Abwasser auf, zahlt die Versicherung nicht. Auch aus diesem Grund ist ein guter Rückstauschutz unerlässlich, denn im Schadensfall kann es mitunter schwierig werden, nachzuweisen, woher das Wasser kam. Oftmals muss ein Gutachter eingeschaltet werden.
Eine Elementarschadenversicherung kann kostspielig sein, insbesondere dann, wenn das zu versichernde Haus in einem Hochwasserrisikogebiet steht oder bereits von Hochwasser betroffen war. Viele Hausbesitzer entscheiden sich deshalb gegen den Abschluss.
Dennoch ist die Investition zu empfehlen, denn im Falle einer Hochwasserkatastrophe kann das gesamte Haus und sämtlicher Hausrat zerstört werden. Wichtig ist, die Konditionen der Versicherung vor Abschluss genau zu überprüfen und Vergleiche mit anderen Anbietern anzustellen.
Aktionsplan aufstellen: Um Gefahren bei einem Hochwasserereignis einzudämmen, sollte im Vorfeld ein Plan aufgestellt werden, wie in einer solchen Situation zu handeln ist. Je mehr Menschen in diesen einbezogen werden, desto besser.
Zumindest sollten alle Bewohner eines Hauses informiert sein, besser noch die gesamte Nachbarschaft. So kann ausgemacht werden, wer wem bei Bedarf hilft, wo mit großer Wahrscheinlichkeit Zuflucht gesucht werden kann, wer Haus- oder Nutztiere aufnehmen und versorgen kann, ob gefährliche Stoffe in Sicherheit gebracht werden müssen und Ähnliches.
Es ist wichtig, dass Klarheit darüber herrscht, wo sich die Hauptschalter für Strom, Gas, Wasser und dergleichen mehr befinden und wann sie abgestellt werden sollten. Darüber hinaus sollten sichere Treffpunkte verabredet werden, falls die Familienmitglieder voneinander getrennt sind oder werden.
Wichtige Dokumente sollten nach Möglichkeit wassergeschützt im oberen Teil des Hauses gelagert werden. Je vorausschauender geplant wird, desto leichter können Aufgaben sinnvoll aufgeteilt und Risiken minimiert werden.
Zudem wird einer Überforderung vorgebeugt, die viele Menschen im Falle einer Katastrophe verspüren. Klare Vorgehensweisen erleichtern sinnvolles Handeln.
Hochwasserausrüstung zusammenstellen: Um für den Notfall gerüstet zu sein, sollten die Bewohner von Hochwasserrisikogebieten unbedingt über eine Hochwasserausrüstung verfügen.
Diese sollte unter anderem abgepacktes Trinkwasser, lagerfähige Lebensmittel, ein netzunabhängiges Rundfunkgerät, ein Mobiltelefon (mit Zusatzakku), Taschenlampen und Ersatzbatterien, eine stromunabhängige Kochstation, wichtige Medikamente und Schwimmwesten beinhalten.
Online gibt es verschiedene Checklisten, die bei der Zusammenstellung der Ausrüstung zurate gezogen werden können.
Es ist nicht klar, ob, und wenn ja, wann, es in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten erneut zu Hochwasser in Jena kommt. Aufgrund steigender Wahrscheinlichkeiten ist es jedoch ratsam, sich bereits jetzt mit diesem Risiko auseinanderzusetzen und Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um nicht überrascht zu werden.
Weitere Informationen zum Hochwasserschutz in Jena werden unter anderem hier bereitgestellt.
Text: Torsten Lux