Skip to main content

Nahezu widerspruchsfrei

Jenaer Stadtrat fordert neues Versammlungsgesetz

Der Jenaer Stadtrat hat am Mittwoch beschlossen, alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen, um die Thügida-Demonstration am 9. November noch zu verhindern.
Der Jenaer Stadtrat hat am Mittwoch beschlossen, alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen, um die Thügida-Demonstration am 9. November noch zu verhindern.
Foto: Michael Baumgarten/Archiv
Teilen auf

Nahezu widerspruchsfrei verlief die Jenaer Stadtratssitzung am Mittwochabend beim Thema Nazidemos in Jena. Gegen eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes sprachen sich drei Stadträte aus.

Jena. Die teilweise unrühmliche Sitzung vom 24. August fand am Mittwochabend keine Wiederholung. Sieben Tage nach dem Thügida-Aufmarsch am Todestag von Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß hatten Abgeordnete mehrerer Fraktionen massiv und mit zum Teil abenteuerlichen Erklärungen Stadt, Polizei und natürlich den gerade urlaubenden OB Albrecht Schröter (SPD) attackiert.

Kein Thügida-Aufmarsch am 9. November

Nun jedoch, zur 25. Sitzung der Legislaturperiode, herrschte eher gespannte Ruhe. Wenn auch keine Einstimmigkeit. Immerhin hatten alle Fraktionen plus die Zählgemeinschaft aus FDP und Piraten eine gemeinsame Entschließung beantragt. Die besagt, der OB wird gebeten, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um den Thügida-Aufmarsch am 9. November (Reichspogromnacht) zu verhindern. Zweitens wird die rot-rot-grüne Landesregierung aufgefordert, nach dem Vorbild Bayerns und Niedersachsen eine Verschärfung des Versammlungsrechts vorzunehmen, damit an historisch brisanten Tagen (wie Hitlers Geburtstag) keine Nazi-Aufmärsche erfolgen können. Drittens will der Stadtrat mit Bürgern verstärkt ins Gespräch kommen.

Rechtsverschärfung nicht „unumstritten“

„Wir werden es nicht dulden, dass an diesem Tag mit Fackeln durch Jena marschiert wird. Die Stadt wird sich wehren“, sagte Schröter mit Blick auf den 9. November. Der andererseits einräumte, eine Rechtsverschärfung sei nicht „unumstritten“.

Dies zeigte die schnell erfolgende Abstimmung. Drei Stadträte votierten dagegen. Katharina König (Die Linke) verstieß mit Duldung durch den Stadtratsvorsitzenden Jens Thomas (Die Linke) gegen die Geschäftsordnung, als sie nach der Abstimmung eine Begründung für ihr ablehnendes Votum abgab. Dieser Regelverstoß einer Linken fand keine Ahndung, nur mahnende Worte durch Thomas. Der anschließend dem Stadtrat Clemens Beckstein (Piraten) mit Verweis auf die bereits erfolgte Abstimmung eine Wortmeldung versagte.

Katharina König (Die Linke) stimmt mit "Nein"

Dennoch war interessant, wie die Landtagsabgeordnete König argumentierte. „Ein gewolltes Anti-Nazi-Versammlungsgesetz ist kein allgemeines Gesetz und letztlich verfassungswidrig“, widersprach sie der übergroßen Mehrheit ihrer Stadtratskollegen und dem OB. Wenn der Stadtrat suggeriere, es sei rechtlich möglich, bestimmte Daten zu verbieten, sei dies „ein fatales Zeichen“. Sie verwies auf Naziaufmärsche in bayerischen und niedersächsischen Städten am 9. November 2015. Verbote durch die Kommunen seien von den Gerichten gekippt worden. Was also tun? “Wir setzen auf den Protest der Bürger“, sagte die Linke-Politikerin.

Text: Andreas Wentzel