Vor der Königsetappe
Jenas Basketball-Boss im großen Interview
Lars Eberlein: "Entweder gelingt uns der sportliche Aufstieg mit einer ordentlichen Aufstiegsfeier oder wir greifen in der nächsten Saison wieder neu an."
Foto: Christoph Worsch
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Kein Aufstieg mit Wildcard: Jenas Basketball-Boss Lars Eberlein vor der Königsetappe der Saison im großen Interview.
Jena. Mit dem 3. Tabellenplatz der regulären Hauptrunde sowie dem Erreichen der Playoff-Halbfinalserie gegen Rostock konnte Medipolis SC Jena die vor dem Spieljahr definierte Zielstellung „unter den besten vier Teams zu landen“ erfolgreich umsetzen.
Nun warten auf die Thüringer die Königsetappe der Saison. Das Team von Domenik Reinboth wird sich im Verlauf einer Best-of-Five-Serie gegen die Ostseestädter um den Aufstieg in die easyCredit BBL duellieren.
Die Seewölfe starten dabei nicht nur nach ihren beiden Hauptrunden-Siegen (94:81, 89:85), sondern auch aufgrund ihres Heimvorteils als Favorit in den Mai.
Wir haben uns im Vorfeld mit Geschäftsführer Lars Eberlein über die bisherige Saison, einen möglichen Aufstieg sowie das Thema „Wildcard“ unterhalten.
Es gab im letzten Sommer sowohl auf dem Trainerstuhl als auch im Kader einen personellen Umbruch. Wie beurteilst Du die Umsetzung der Zielstellung aus dem Sommer 2021 zum heutigen Stand?
Wir haben uns vor der Saison mit Domenik für einen jungen Trainer entschieden, der in seiner Karriere erstmalig ein Team mit BBL-Ambitionen zusammenzustellen hatte und führen sollte.
Unsere Vorgaben waren mit einem Platz unter den Top4 der Hauptrunde sowie dem Halbfinal-Einzug, in dem die vier besten Playoff-Teams aufeinandertreffen, klar umrissen. Zudem wollten wir unsere Nachwuchsspieler im Profi-Kader eingliedern und entwickeln. Das ist Domenik trotz schwieriger Phasen während der Saison, mit Corona, Verletzungen und Clint Chapmans langer Sperre gelungen.
Man könnte jetzt sagen, dass alles, was noch folgt, Bonus wäre. Aber damit würde man es sich zu einfach machen. Ziel ist immer der maximale sportliche Erfolg und das wäre in unserem Fall der Finaleinzug sowie der damit verbundene Aufstieg.
Unterm Strich haben wir bis jetzt vieles von dem erreicht, was wir uns vorgenommen hatten, wollen aber gern noch mehr, völlig unabhängig davon, dass Rostock als Favorit in die Serie gehen wird.
Das Team ist mit vielen Siegen in die Saison gestartet, konnte nach der Corona-Pause im Februar jedoch nicht mehr an diese sportlich starke Phase anknüpfen. Wie siehst Du die Entwicklung der letzten Wochen?
In den ersten beiden Dritteln der Saison hat unser Team sehr erfolgreich gespielt und den Grundstein für den 3. Platz gelegt. Nach der Pause im Februar kam die Mannschaft allerdings nicht mehr richtig ins Laufen, aber auch Rostock hatte zuletzt nach Corona einige Probleme.
Das führte letztendlich dazu, dass sich nun leider schon im Halbfinale zwei Teams gegenüberstehen, die sich ursprünglich so lang wie möglich aus dem Weg gehen wollten. Insofern kommt es jetzt zu dem von vielen prognostizierten Endspiel.
Rostock und wir haben BBL-Lizenzanträge gestellt, auf der anderen Seite des Playoff-Baums treffen zwei Clubs aufeinander, die keine Lizenz beantragt haben. Das ist sicher sehr ärgerlich für Rostock oder uns, allerdings nicht mehr zu ändern. Was die Mannschaft leisten kann, hat sie am letzten Sonntag in Spiel 5 bewiesen. Daran sollte sich das Team orientieren.
Am Ende wird wieder nur einem Team der sportliche Aufstieg gelingen können. Hat man bereits Gedanken an eine Wildcard verschwendet?
Die Beantragung einer Wildcard schließen wir grundsätzlich aus. Entweder gelingt uns der sportliche Aufstieg mit einer ordentlichen Aufstiegsfeier oder wir greifen in der nächsten Saison wieder neu an.
Unterm Strich ist die BBL sportlich sehr reizvoll, aber wirtschaftlich auch eine große Herausforderung. Haushalten mit Augenmaß und nur die Mittel ausgeben, die wir haben, ist unsere oberste Devise und gerade in Zeiten von Corona enorm wichtig. Es gibt keinen Aufstieg um jeden Preis.
Was passiert, falls in dieser Saison der Aufstieg nicht gelingen sollte?
Alles kann, nichts muss, hatte Peter Poser mal in einem Text über unseren Verein getitelt. Aufstiege, sind nur mit hohem finanziellen Einsatz planbar und selbst dann nicht frei von Risiko.
Sollte es uns nicht gelingen, werden wir das Abschneiden analysieren und darauf hinarbeiten, es in der folgenden Saison besser zu machen. Unser Verein verfügt über eine sehr stabile Sponsorenlandschaft, die in der ProA ebenso zu uns steht, wie bei einem möglichen Erstliga-Aufstieg.
Natürlich gibt es immer auch Sponsoren, die sich erst ab der BBL einbringen wollen. Allerdings würde sich auf dem Niveau auch der Team-Etat deutlich erhöhen müssen.
Fakt ist, dass uns bei einem weiteren Jahr in der ProA kein wirtschaftlicher Schaden entsteht. Der 3-Jahresplan wurde durch Corona sowieso überrollt. Wir sind und bleiben ein gesunder Club.
Der Verein ist trotz Pandemie gut aufgestellt. Was passiert, falls in dieser Saison der Aufstieg gelingt?
Wir haben trotz Corona viel in die Strukturen investiert, konnten uns in dieser Saison mit drei Leistungsteams für die Playoffs qualifizieren und sind in unsere neue große Geschäftsstelle umgezogen, wo endlich alle Mitarbeiter vereint sind.
Wir hätten auch vieles kürzen oder weglassen und alles in den Profikader investieren können. Das hätte aber nicht zu unserem Verein gepasst. Für uns geht es auch in dieser Phase mit vielen schwierigen Begleitumständen um Nachhaltigkeit und gesundes Wachstum in mehr als nur einem Bereich.
Sollte uns der Aufstieg gelingen, dann machen wir das und werden hart daran arbeiten, uns in der 1. Liga sportlich zu etablieren. Auch wenn das sicher eine große finanzielle Herausforderung ist, bleibt die BBL das sportliche Ziel. Die Lizenz haben wir ja bereits ohne Auflagen erhalten. Notfalls dann auch später.
Der Druck liegt aber bei den Rostock Seawolves, oder?
Rostock ist ein Team, das unbedingt aufsteigen will und seit Jahren viel Geld investiert. Der Kader wurde für diese Zielstellung zusammengestellt und das Thema Nachwuchsförderung im Profibereich findet im Gegensatz zu uns nicht statt. Es wird sich über diese Serie zeigen, ob gerade unseren jungen Spieler dagegen halten können.
Die Seawolves konnten uns in der regulären Saison zweimal schlagen und haben den Heimvorteil auf ihrer Seite. Dennoch traue ich unserer Mannschaft viel zu. Ich rechne mit einer hart umkämpften Serie, in der am Ende vielleicht Kleinigkeiten den Ausschlag geben werden.
Wie wichtig der Heimvorteil ist, haben wir in Spiel 5 gegen Paderborn gesehen. Da standen, abgesehen vom Gästeblock, drei Tribünen hinter unseren Jungs.
Ebenso wichtig wird es sein, auch in dieser Serie die Unterstützung der Fans zu spüren. Das schafft Überzeugung und Vertrauen, sowohl im Umfeld als auch auf dem Parkett. Wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, kann es uns gelingen, auch diese Serie zu gewinnen. Aber ja, der Druck liegt bei Rostock.
Text: Tom Prager