Proteste sollen weitergehen
Gastro in Jena: Klage gegen Schließung abgewiesen
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Proteste sollen weitergehen: Die Klage der Aktion „Leere Stühle Jena“ gegen die erneute Schließung der Gastronomie wurde abgewiesen. Lockerungen im Dezember werden stattdessen immer unwahrscheinlicher.
Jena. Die Klage der Jenaer und Thüringer Gastronomie gegen die abermalige Schließung durch den zweiten Lockdown (wir berichteten: Wieder alles dicht: Der Gastro in Jena reicht's!) wurde vom Oberverwaltungsgericht Thüringen abgewiesen.
In der Urteilsbegründung hieß es, es spräche einiges dafür, dass die Schließung von Gaststätten geeignet, erforderlich und angemessen sei, um Kontakte bei sprunghaft steigenden Infektionszahlen zu reduzieren.
Demgegenüber sei eine Öffnung der Gastronomie unter noch schärferen Hygieneauflagen, als sie jetzt schon in den Konzepten festgeschrieben sind, kein geeignetes Mittel, um dem Ziel der Kontaktreduzierung nachzukommen.
Nach Ansicht der Gastronomen habe das Oberverwaltungsgericht hier einen Kniff angewandt und die Reduzierung der Kontakte kurzerhand zum Ziel des Lockdowns umqualifiziert, anstatt als Mittel zur Viruseindämmung. Nur dadurch konnte die Schließung als zumindest nicht ungeeignete Maßnahme beurteilt werden.
„Dieses Urteil ist eine Fehlentscheidung!“
„Das ist eine schallende Ohrfeige für jeden selbstständigen Gastronomen und Veranstalter“, sagt Rudolf Kornhuber vom Rossini in Jena und Sprecher der Aktion „Leere Stühle Jena“, die die Klage initiiert hatte.
Fadenscheinig sei das Urteil: „Dieses Urteil ist eine Fehlentscheidung. Dass die Gastronomie, wie vom RKI dargelegt, nicht die Ursache für die starke Ausbreitung von Covid-19 ist, findet in dem Urteil überhaupt keine Betrachtung.
Stattdessen fußt das Urteil auf Vermutungen. Es könnte ja sein…, vielleicht… usw. Wieder wird ein ganzer Berufszweig in die Ecke gestellt und angeprangert“, so Kornhuber.
Novemberhilfen noch nicht ausgezahlt
In der Branche wachse dagegen immer mehr die Sorge um die eigene Existenz. Seit knapp zwei Wochen fehlt der Umsatz komplett. Schon davor wurde nur auf Sparflamme gewirtschaftet, um den Hygienekonzepten gerecht zu werden.
Und auch die Novemberhilfen lassen scheinbar auf sich warten. Diese könnten frühestens ab dem 24. November über einen Steuerberater beantragt werden, erzählt uns der Gastronom.
Tatsächlich heißt es auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums, dass derzeit noch „die nötige Programmierung des Antragsformulars durch den IT-Dienstleister des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie“ erfolge.
Kornhuber zieht uns gegenüber daraus den Schluss, dass, wenn man den ganzen Verwaltungsaufwand nach Antragsstellung mit einbezieht, frühestens im Dezember Geld fließen wird, ergo einem Monat, nachdem der Umsatz auf nahezu null heruntergefahren wurde – für den einen oder anderen Betrieb möglicherweise schon zu spät.
Lockerungen im Dezember unwahrscheinlich
Davon, dass sich an der Situation im Dezember etwas ändert, geht Kornhuber indes nicht aus. Er schätzt, dass die Maßnahmen auf eine Verlängerung hinauslaufen, auch wenn die neuerlichen Beratungen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin am kommenden Montag erst einmal ohne Ergebnis bleiben sollten.
Letztere habe schließlich keine Zusage geben könne, dass Hotels und Gastronomen am 1. Dezember wieder öffnen können. Ganz entscheidend sei, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder auf 50 Infektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen sinke, sagte die Kanzlerin am Donnerstag im Bürgerdialog – illusorisch, angesichts des deutschlandweiten Inzidenz-Wertes von 158,3 (eigene Erhebung, Stand: 13.11.2020, 14 Uhr).
Auch der Freistaat Thüringen wird sich wohl dem Druck der 15 anderen Bundesländer und des Bundes beugen (müssen), wie es bereits vor knapp zwei Wochen der Fall war.
Und so wird es wohl für alle, aber insbesondere für Gastronomen und Hoteliers der schwere Winter werden, den Kanzlerin Merkel im Bürgerdialog ankündigte.
Kornhuber und die Aktion „Leere Stühle Jena“ kündigen derweil an, trotz des Gerichtsurteils weiter protestieren zu wollen, um sich Gehör bei den Regierenden zu verschaffen.
Text: Johannes Pfuch