Zweite Schließung
Wieder alles dicht: Der Gastro in Jena reicht's!
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Der Gastro reicht's: Die Aktion „Leere Stühle Jena“ bereitet eine Sammelklage gegen den gestern beschlossenen „Lockdown light“ vor und wehrt sich gegen die eigene Sündenbockrolle.
Jena. Angst um die eigene Existenz – so und nicht anders sieht gerade die Wahrheit für eine ganze Branche in Deutschland aus. Mit der Ankündigung der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten, ab kommenden Montag zum zweiten Mal im laufenden Jahr alle Restaurants schließen zu wollen, landete der Funke schließlich im Pulverfass. Der Gastronomie reicht’s.
„Wir haben die Schnauze gestrichen voll. Es reicht. Wir lassen uns nicht mehr ständig als Sündenbock für die hohen Infektionszahlen hinstellen“, erzählt uns Rudolf Kornhuber vom Rossini in Jena und zugleich Initiator der Aktion „Leere Stühle Jena – Gastro braucht Hilfe“.
Gaststätten spielen kaum eine Rolle für das Infektionsgeschehen
„Seit Mai haben wir funktionierende Hygienekonzepte. Die meisten Restaurants nutzen sogar die App ,pass4all‘, die Gästedaten anonymisiert erfasst und Infektionsketten schnell nachvollziehen kann – ohne sensible Hintergrunddaten aufzuzeichnen“, ergänzt Kornhuber.
Trotzdem ist nun wieder die Gastronomie die Branche, die dichtgemacht werde. Dabei hat selbst das Robert-Koch-Institut noch vor wenigen tagen betont, dass Übernachtungen in Hotels und Aufenthalte in Gaststätten kaum eine Rolle für das Infektionsgeschehen spielen, während private Feiern und Freizeitaktivitäten einen signifikanten Anteil ausmachen.
„Wir sind nicht das Problem“, sagt Kornhuber, „sondern die, die entgegen aller Auflagen und Sperrstunden ständig draußen Halligalli machen“.
Sammelklage gegen den „Lockdown light“
Aus diesem Grund bereite man gegen die gestrigen Beschlüsse nun eine Sammelklage vor, die bereits von mehr als 40 Gastronomen aus ganz Thüringen unterstützt wird, Tendenz stark steigend. Am morgigen Freitag soll ein Termin mit einem Rechtsanwalt vereinbart werden, sodass das gemeinsame Schreiben nächste Woche übergeben werden kann.
Neben der moralischen Tragweite dieser Problematik spielt jedoch der finanzielle Aspekt eine gewichtige Rolle. Kornhuber rechnet vor, dass von den bis zu 75 Prozent der Umsatzeinbußen, die das Bundesfinanzamt erstatten möchte, bereits gewährte Überbrückungskredite sowie das Kurzarbeitergeld abgezogen würden. Am Ende bliebe also höchstens ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Mit der Stadt habe man immer in gutem Austausch miteinander gestanden. Letztlich sei es jetzt aber dieser zweite Lockdown der Bundes- und Landesregierungen, auf den die Stadt keinen Einfluss hat, der vielen Gastronomen das Genick brechen könnte.
„Ich schätze mal, 80 Prozent der Gastronomen können Konkurs anmelden, sobald die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht abgelaufen ist“, prophezeit Kornhuber.
Text: Johannes Pfuch