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JN-Ratgeber

Fun Facts: Sieben Dinge über Thüringen

Die Wartburg bei Eisenach.
Die Wartburg bei Eisenach.
Foto: Klaus Brüheim/pixelio.de
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Thüringen ist groß und wunderschön. Doch nicht mal alteingesessene Einwohner kennen alle Fakten. Wir zeigen Ihnen sieben ausgesuchte Facts.

Jena. Lange an einem Ort zu leben, muss nicht unbedingt bedeuten, diesen Ort in sämtlichen Facetten zu kennen – vollkommen wertungsfrei. Diesbezüglich gibt es natürlich auch eine ganze Reihe von Fakten über den Freistaat, die selbst hier Geborenen nicht unbedingt geläufig sein müssen.

So etwa die Tatsache, dass das thüringische Klima bei uns deutlich kontinentaler als in den meisten anderen Bundesländern ist – Grund sind die Mittelgebirge. Das Thüringer Becken ist sogar die niederschlagsärmste Zone Deutschlands.


Angesichts der Tatsache, dass derlei „unnützes Wissen“ oftmals erstaunlich interessant, spannend, lehrreich und oft genug sogar humorvoll ist, wäre es zu schade, es unerwähnt zu lassen. Sieben ausgesuchte Facts über Thüringen zeigen wir jetzt.

1. Nordhausens ganz spezieller Hybrid

Auf der Straße wahlweise mit elektrischem Antrieb oder Verbrennungsmotor unterwegs zu sein, ist wohl heutzutage nichts Besonderes mehr – sofern wir von normalen PKW sprechen. Bei anderen Fahrzeugen ist ein derart zweigleisiger Antrieb jedoch vielfach entweder nicht möglich oder nicht nötig – zumindest, wenn das Thema Umweltschutz ausgeblendet wird.

Nordhausen jedoch ist in dieser Hinsicht ein Vorreiter, dessen Vorbild erst langsam Nachahmer findet.


Dort entwickelte das Institut für Maschinen, Antriebe und elektronische Gerätetechnik (IMG) bereits vor dem Jahrtausendwechsel eine Straßenbahn, die sowohl mit Dieselmotor als auch mit Oberleitungs-versorgtem Elektroantrieb laufen kann. 2001 wurde sie auf die Schiene gebracht, sorgte für Begeisterungsstürme.

Die aktuell einzige deutsche Stadt, die das nachmacht, liegt nicht weit entfernt: In Chemnitz laufen seit 2017 zwölf ähnlich „zweigleisige“ Straßenbahnen, allerdings von einem anderen Hersteller.

2. Als Carl Zeiss Jena eine halbe Stunde von der Weltgeschichte entfernt war

Auf Jena und das Land bezogen, mag der FC eine respektable Rolle für die Regionalliga spielen. Und natürlich muss die dreimalige DDR-Meisterschaft ebenfalls erwähnt werden. Einmal allerdings hätte es fast für die ganz große Weltbühne gereicht.


Hier wollen zunächst die beiden wichtigen internationalen Fußballturniere zum besseren Hintergrundverständnis erwähnt werden:

  • Das, was wir heute als Champions League kennen und was zuvor bereits einen langen Weg gegangen war, als es noch um den Europapokal der Landesmeister ging und
  • der Europapokal der Pokalsieger, der seinerzeit den zweithöchsten europäischen Pokalwettbewerb darstellte.

1981 hatte zuvor erst eine DDR-Mannschaft (Magdeburg) diesen Europapokal gewonnen. Doch Carl Zeiss Jena machte in der Saison 1980/-81 alles fertig, was gegen das Team antrat – inklusive Benfica Lissabon und AS Rom:



Der 13. Mai 1981, obwohl kein Freitag, wurde dennoch zum Unglückstag für Jena. In Düsseldorf trat man im Pokalfinale gegen Dinamo Tiflis an und ging in der 63. Minute in Führung. Mit Nachspielzeit eine halbe Stunde vor dem Fußball-Olymp der großen Bühne.

Doch der Traum währte nur kurz. Vier Minuten später glichen die Georgier aus, um dann in der 87. Minute das 2:1 zu schießen.


Das Team, das zuvor als absoluter Underdog des Cups alles überragt hatte, zog den Kürzeren. Seitdem war inklusive FC keine thüringische Mannschaft mehr so dicht an höchsten internationalen Weihen – zumindest bis dato.

3. Der schnelle Martin Luther

Dass der Kirchenreformator Martin Luther im heutigen Sachsen-Anhalt geboren wurde, dort starb und seine Thesen anschlug (obwohl dieser Fakt umstritten ist), dürfte den meisten bekannt sein. Wohl auch, wie er Teile seiner Jugend in Eisenach verbrachte.

Was jedoch deutlich weniger Menschen wissen ist, dass Luther auch die griechische Bibel übersetzte – und zwar ins Deutsche und in Thüringen.

Zwar war es „nur“ das Neue Testament, also der deutlich weniger umfangreichere Teil der Bibel, dennoch gelang es dem Theologen in einer Rekordzeit von nur elf Wochen – ohne auf viel mehr zurückgreifen zu können als sein immenses Sprachwissen und eine lateinische Bibelübersetzung – die er jedoch dem Vernehmen nach nur selten nutzte, weil das die Übersetzungszeit verlängert hätte.


Tatsächlich stellte sein Werk die erste deutschsprachige Übersetzung dieses „Buches der Bücher“ dar und gilt bis heute als eine der gelungensten Übersetzungen. Die aktuelle Version hat sich sogar wieder seinem Sprachstil angenähert.

4. Saubere Zähne Dank… Thüringen

Wohl jeder Leser dieser Zeilen dürfte mindestens einmal täglich beim Blick in den Badezimmerspiegel „Schaum vor dem Mund bekommen“. Natürlich nicht im übertragenen Sinn, sondern buchstäblich – bei der Benutzung der Zahnbürste.

Gut möglich zwar, dass das jeweilige heutige Modell aus einem ganz anderen Land stammt. Aber was das Prinzip der Zahnbürste, so wie wir sie heute kennen, anbelangt, handelt es sich um ein echtes Thüringer Original: Anno 1700 veröffentlichte der in Bad Tennstedt praktizierende Christoph von Hellwig die erste Zahnbürste nach modernem Verständnis.


Zuvor waren Zahnbürsten, so sie überhaupt genutzt wurden, wie normale Pinsel geformt und dementsprechend schwierig in den Mund zu bugsieren. Die einzige Alternative waren die bereits seit der Urzeit bekannten dünnen Holzstöcke. Sie zerkaute man so lange, bis sie zerfaserten, wodurch die Zähne gereinigt wurden – also mehr Multi-Zahnstocher als echte Bürste.

5. Warum wir Sonnenbrand bekommen

Aus dem Physikunterricht weiß vielleicht noch manch einer, was es mit dem elektromagnetischen Spektrum auf sich hat. Ein kleiner Teil darauf entfällt auf das, was physikalisch als Licht definiert wird. Mancher wird sich diesbezüglich noch an die Unterteilung zwischen (für das menschliche Auge) sichtbarem und unsichtbarem Licht erinnern.

An diesem Punkt kommt einer weiteren Person aus Jena die Ehre der Geschichte zu: Johann Wilhelm Ritter, Naturforscher. Dieser bekam 1800 die Entdeckung eines englischen Kollegen namens William Herschel mit. Dabei hatte er Licht durch ein Prisma geleitet, worauf sich dieses in einzelne Strahlen der Regenbogenfarben aufteilte.


Durch Temperaturmessungen fand der Brite heraus, dass das Thermometer ausgerechnet jenseits von Rot anstieg, wo gar kein (sichtbarer) Lichtstrahl mehr hinfiel – damit hatte Herschel das für das Auge unsichtbare Infrarotlicht entdeckt.

Ritter hingegen nahm völlig korrekt an, am anderen Ende des Farbfächers sei dementsprechend ebenfalls unsichtbares Licht zu finden. Nur war dies nicht über Temperaturmessungen nachzuweisen.

Jedoch wusste Ritter zwei Dinge:

  1. Silberchlorid schwärzt sich generell unter Sonneneinstrahlung.

  2. Der Schwärzungsgrad wird umso stärker und schneller, je mehr das Licht ins Violette tendiert.

Violett und Rot liegen auf der Skala des sichtbaren Lichts am weitesten entfernt. Ritter machte also ebenfalls das Prisma-Experiment und platzierte Silberchlorid neben dem violetten Lichtstrahl – es schwärzte sich sehr rasch.


Heute weiß man, was Ritter fand: UV-Licht. Also das, was letzten Endes unsere Haut unter Sonneneinstrahlung braun und sogar rot werden lässt.

6. Ist Thüringen nun der Mittelpunkt Deutschlands? Jein!

Eigentlich sollte man annehmen dürfen, dass sich etwas wie der geografische Mittelpunkt eines Landes ziemlich einfach berechnen lässt. Allerdings gilt dies auch wirklich nur in der Theorie und vielleicht bei manchen US-Bundesstaaten mit ihren tatsächlich völlig rechteckigen Grenzverläufen.

Bei Deutschland (und den meisten anderen Staaten) ist es wegen der extrem „wackligen“ Grenzverläufe ungleich schwieriger – selbst wenn man Deutschlands Geschichte verschiedenster wechselnder Grenzverläufe ignoriert. Ohne sehr komplexe mathematische Methoden funktioniert hier daher gar nichts.


Deshalb lässt ein Blick auf die Karte zwar den Mittelpunkt Deutschlands irgendwo im nördlichen Thüringen vermuten, völlig sicher ist dies jedoch tatsächlich selbst im Zeitalter von GPS keineswegs. Tatsächlich existieren je nach Berechnungsmethode acht verschiedene „Deutschland-Mittelpunkte“. Aber wir können uns trösten: Immerhin fünf davon liegen ganz klar auf thüringischem Gebiet.

7. Scheller war schneller

Nichts hält sich länger als ein lange genug verbreiteter Mythos. Aus diesem Grund vermuten nach wie vor viele Deutsche und eigentlich sogar Thüringer, die es wirklich besser wissen müssten, das Reinheitsgebot für Bier sei eine bayerische Erfindung. Bekanntlich gilt dies seit 1998 nicht mehr – das Jahr, in dem Biergeschichte umgeschrieben werden musste.


Ähnlich sieht es auch bei etwas aus, in dessen Genuss manche Leser wohl bei NVA, Bundeswehr oder im Zeltlager kamen und was ansonsten nicht gerade als Haute Cuisine bekannt ist: Tüten- oder Würfelsuppe.

Von dieser „glaubt“ der Volksmund ebenfalls, sie wäre die Erfindung des Schweizers Julius Maggi. Tatsächlich war der Hildburghausener Rudolf Scheller über ein Jahrzehnt schneller. Er verbesserte das zu feuchte Erbswurst-Rezept der preußischen Armee 1870/-71. Das Ergebnis waren knochentrockene Täfelchen, die man nur in Wasser auflösen musste.

Die Preußen wollten das zwar ihren Soldaten nicht zumuten. Im „Wilden Westen“ der USA waren Schellers Instant-Suppen jedoch der Renner bei Trappern, Siedlern und Goldschürfern.

Text: Susann Schmidt