„Tag der offenen Baustelle“
Jenas „Kneipenmeile“: Bauende im November

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Bauprojekt Wagnergasse: Ende November 2017 sollen die Belastungen für Anwohner, Dienstleister, Gäste und Passanten ein Ende haben.
Jena. Mit der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama 1498 begann der endgültige Niedergang der Seidenstraße. Nun, 519 Jahre später und diesmal zwar nicht gesegnet mit welthistorischer, dafür doch wohl lokaler Nachhaltigkeit, sind die Portugiesen am (Neu)Bau einer Straße beteiligt.
Pflasterarbeiten beginnen
Die Spezialisten aus dem Volk des einstigen Seefahrervolkes und aktuellen Europachampions sind hierzulande exklusive und deshalb gern gebuchte Meister im Verlegen von Straßenpflaster. Ab der kommenden Woche beginnt die Krüger Bau GmbH aus Mertendorf (Burgenlandkreis) mit dem Auftragen der Oberfläche in Jenas „Kneipenmeile“.
Zunächst müssen die Tiefbauer den zwischen 60 und 90 Zentimeter starken Unterbau, die Frostschutzlage aus Schotter sowie die Asphaltdrainageschicht im Boden auf- und dabei das Niederspannungsstromkabel und die Leerrohre für Kommunikationskabel einbauen.
Möglichst unfallfrei, wie während der seit 2015 laufenden Bauzeit der rund 2,4 Millionen Euro teuren Gesamtmaßnahme „Grundhafter Ausbau Wagnergasse/Johannisplatz. Neubau von Ver- und Entsorgungsleitungen“.
Anschließend passen die südwesteuropäischen Handarbeiter die abgesichert zwischengelagerte, granitene Reminiszenz an die Vorgänger dieser Gasse, in ganz frühen Zeiten einziger Verkehrs- und vor allem Handelsweg raus aus dem Dorf und ab in den Westen, ein. Neues Granitpflaster wird unmittelbar an den Häuser verlegt, zwischen den beiden Pflasterabschnitten werden beidseitig der Gasse Granitplatten als Laufband eingebettet.
Bauende für November 2017 geplant
Noch bleiben die 180 Meter vom Johannisplatz bis zum Abzweig Quergasse Baustelle. Seit Februar erfolgten der Abriss des Straßenbelags, das bis zu vier Meter tiefe Verlegen des Wasser- und Abwassermischkanals mit seinen 100 neuen Hausanschlüssen und der Gasleitung.
Schließlich müssen die Gaslaternen wieder aufgestellt werden. Bis zum 30. November, so lautet der Deal mit der Baufirma, soll die Wagnergasse komplett erneuert sein. Es ist der dritte und zugleich letzte Bauabschnitt des rund 2,5 Millionen Euro teuren Plans, diesen hoch frequentierten und trotz seiner bescheidenen Länge das Stadtimage mitprägenden Infrastrukturabschnitt dem 21. Jahrhundert anzupassen.
Wenig Interesse am „Tag der offenen Baustelle“
Der „Tag der offenen Baustelle“ an diesem Freitagnachmittag lockte zwar kaum Bürger an. Den Verantwortlichen entlockte er dagegen ostentativ vorgetragene Freude. Die „lebende Baustelle“, wie Uwe Feige, Werkleiter vom Kommunalservice Jena, gern formuliert, liege im Zeit- und Kostenplan. Die Vertreter der Baupartner Stadtwerke Energie Jena-Pößneck und JenaWasser wollten dieses für öffentliches Bauen schon recht ungewöhnliche Zwischenfazit bestätigen.
Doch allein daraus resultierte der „Freudentag“ nicht. Feige kann sich nur zu gut an die Reaktionen erinnern, als er vorschlug, die Wagnergasse zu sanieren, ohne sie zu sperren. Gar „einen Vogel hat man mir gezeigt“, und selbst diese unschöne persönliche Attacke kann ihm an diesem 16. Juni die gute Laune nicht verderben.
Kommune wie Baufirma müssen permanent in Geld- und Zeiteinheiten rechnen. Der Umgang zwischen Auftraggeber und -nehmer untereinander und zwischen denen und den betroffenen Anwohnern, Gastronomen und Händlern sei von ungewöhnlicher, weil neuer Qualität. „Dieses Miteinander muss ich ausdrücklich loben. Das ist für mich ein Novum“, diktierte Feige dem Reporter in den Block.
Dieses Diktum wird von Dirk Caspar, Krüger-Bauleiter, erhärtet und erweitert: „Das Eingehen auf Anwohnerwünsche habe ich so noch nicht erlebt“. Diese Worte kommen dem erfahrenen Tiefbauer offenkundig nicht, wie bei offiziellen Anlässen oft zu vernehmen, pflichtschuldigst über die Lippen.
Der Laie kann nur eine Ahnung entwickeln, was es heißt, wenn zwischen den ausführenden Experten ein kurzer, dem optimalen Baufortschritt dienender Draht gezogen werden konnte. Die gewonnene Kenntnis der Örtlichkeiten ließ beispielsweise die Baufirma dem Bauherrn vorschlagen, 2016 entgegen dem ursprünglichen Plan zunächst Johannisplatz und die „hintere“ Wagnergasse zwischen Quer- und Angergasse in Angriff zu nehmen und erst in diesem Jahr den mittleren Abschnitt.
Text und Fotos: Andreas Wentzel